Montag, 7. Juni 2010

Immobilien als Schutz in der Euro-Krise ?

Soziale Gerechtigkeit bei Einführung der D-Mark und bei Untergang des Euro:
Von der Lastenausgleichsabgabe zum Euro-Rettungsschirm


Nicht in Vergessenheit geraten ist, dass die Weltwirtschaftskrise ihren Ursprung im Immobiliensektor genommen hat. Verschiedene Gründe sorgten für einen Immobilienboom nicht nur in den beliebten Zentren der Vereinigten Staaten, sondern auch in Europa. Die spanischen Küsten belegen mit ihren zahlreichen Investitionsruinen den vorherigen Boom mit astronomischen Preisen. Auch viele andere entwickelte Immobilienmärkte weltweit weisen die gleichen Merkmale des beendeten Booms auf. Selbst zwei Jahre nach dem Höhepunkt der Immobilienkrise, die sich zu einer Krise der Finanzbranche wandelt und letztendlich zu einer ausgewachsenen Weltwirtschaftskrise inklusive der Wahrscheinlichkeit von Staatsbankrotten kulminierte, sind die Nachwehen des Zusammenbruchs bei Immobilien nicht ausgestanden. Da die Krise mit Wertverlusten bei Immobilien ihren Anfang nahm, hat der Ruf der Immobilie als sichere Anlage in Krisenzeiten erheblichen Schaden erlitten.

Die Immobilie hat insbesondere den Ruf einer inflationssicheren Anlage. Das Häuschen im Grünen, das Wohneigentum, ist das Ziel vieler Lebensplanungen und Objekt von Träumen und Wünschen. Es gilt noch immer viel, das eigene Dach über dem Kopf zu haben. Getroffen von zwei Währungsreformen auf deutschem Boden hat die Immobilie insbesondere unter der ältesten Generation den Ruf, eine gewisse Beständigkeit in unsicheren Zeiten zu verleihen. In vielen Ländern wurde gerade dieses Merkmal durch die Immobilienkrise beschädigt. Die Sinnhaftigkeit eines Vermögensgegenstands, der auch im Hinblick auf Krisenzeiten angeschafft wird, in diesen aber seinen Wert verliert, ist zu hinterfragen.

Das gilt vor allem in schweren wirtschaftlichen Zeiten wie diesen. Die Krise des Staatshaushalts und der Verfall des Euros erinnern im Zusammenspiel an die Erforderlichkeit zur Durchführung von Währungsreformen. Die Einführung der Deutschen Mark nach dem zweiten Weltkrieg ist eng verknüpft mit dem wirtschaftlichen Aufschwung, der weniger einem Wunder denn freier Marktwirtschaft zuzuschreiben ist. Fast in Vergessenheit geraten ist jedoch, dass die Einführung der D-Mark zur wirtschaftlichen Neuverfassung Deutschlands weitreichende Interventionen in Vermögen und Eigentum mit sich brachte. Mit dem Lastenausgleichsgesetz wurden die Kosten des Wiederaufbaus verteilt. In der Praämbel zum Lastenausgleichsgesetz ist womöglich die erste Erwähnung der sozialen Gerechtigkeit in bundesdeutschen Gesetzen zu finden. Es heißt dort, mit dem Lastenausgleichsgesetz werde der Anspruch „der durch den Krieg und seine Folgen besonders betroffenen Bevölkerungsteile auf einen die Grundsätze der sozialen Gerechtigkeit und die volkswirtschaftlichen Möglichkeiten berücksichtigenden Ausgleich von Lasten“ anerkannt. Krieg und das ihn begleitende Unrecht, das Unglück, den Tod und das Leid, das er mit sich bringt, sind der extreme Ausdruck politisch bewirkter Beliebigkeit, der das Schicksal Einzelner unterliegt. Wenn dem einen die Familie genommen und das Eigene zerstört wird, der andere aber ungeschoren davon kommt, so erschallt der Ruf nach einem horizontalen Ausgleich zwischen den Beteiligten. Diesen horizontalen Ausgleich zu bewirken ist das Unternehmen des Staats. Über diesen kommt es zur Haftungsgemeinschaft zwischen Nachbarn und Nicht-Nachbarn.

Das historische Beispiel hierfür sind die mit dem Lastenausgleichsgesetz beschlossenen Ausgleichsabgaben. Für die Vermögensabgabe wurde das nach dem Krieg verbliebene Vermögen der Deutschen taxiert und ein Freibetrag von 150.000 DM abgezogen. Vom Überschuss musste die Hälfte in vierteljährlichen Raten über den Lauf von 30 Jahren entrichtet werden. Damit wurde auf die Vermögen zugegriffen, die den Krieg in Form von Immobilien, Wertgegenständen oder anderer Form überstanden. Entschädigt wurden die, die durch den Krieg alles verloren hatten, etwa weil sie aus den verlorenen Ostgebieten vertrieben wurden mit nicht mehr als der Kleidung an ihrem Leib.

Der Euro-Rettungsschirm kann im schlimmsten Fall ähnlich funktionieren. Sollte er greifen müssen, so würde die resultierende Inflation alle Geldnutzer des Euros treffen. Die aufgebrachten Mittel wiederum würden an diejenigen verteilt, die alles verloren haben. Der Unterschied liegt in der Art des Verlusts. Die Vertriebenen des zweiten Weltkriegs haben Haus, Heim und häufig Familienmitglieder verloren. Sie standen vor dem Nichts. Die durch den Euro-Rettungsschirm bewirkte europäische Haftungsgemeinschaft rettet die Rentner, staatlich alimentierte Arbeitslose und die Bezieher von Beamtenbezügen solcher Staaten, die seit Jahren nur durch Umverteilung anderer Leute Wohlstand glänzen. Die Vertriebenen waren Opfer, zu deren Hilfe umverteilt wurde. Die Adressaten der Euro-Haftungsgemeinschaft sind schon jetzt die Empfänger großzügiger Transferzahlungen.

Immobilieneigentümer sind durch diese drohende Umverteilung gigantischen Ausmaßes besonders gefährdet. Sie können erstens nicht fliehen. Laufende Einnahmen aus Immobilien werden zweitens durch Inflation aufgerieben. Da Mieterhöhungen schwer durchzusetzen sind, trifft die Inflation die vermietete Immobilie schwer. Drittens sind Immobilienpreise in Zeiten ökonomischer Krisen der Gefahr eines Verfalls ausgesetzt, wodurch Vermieter wie Selbstnutzer bedroht sind.

Gleichwohl sollte die Immobilie als Fluchtmöglichkeit vor dem direkten konfiskatorischen Zugriff und durch Inflation nicht abgeschrieben werden. Wie das Lastenausgleichgesetz zeigt, kommt es auf den geographischen Umfang der hergestellten Haftungsgemeinschaft an. Die Ausgleichsabgaben betrafen Deutsche. Der Euro-Rettungsschirm betrifft den Euro-Raum, eventuelle auch den europäischen Wirtschaftsraum. Ausweichmöglichkeiten bieten sich in vielen Ländern der Erde. Gerade die – derzeit noch – aufstrebenden asiatischen Zentren bieten Alternativen zu den überregulierten, strangulierten, dem Verfall Preis gegebenen europäischen und amerikanischen Märkten. Die Metropolen der Region wie Shanghai, Peking, Singapur und Hong Kong mögen für den privaten Investor zu teuer sein. In deren Fahrwasser gibt es jedoch einige Länder, die als die neuen Tiger gelten können. Vietnam, Thailand, Malaysia, Kambodscha, Indonesien und Indien mögen erschwingliche Anlagemöglichkeiten für Immobilienkäufer bieten. Teilweise sind sie schon als Urlaubsland für Deutsche beliebt wie Thailand oder im Tourismus aufstrebend wie Vietnam. Vietnam etwa hat etablierte Immobilienmärkte in seiner Hauptstadt Hanoi und in Ho-Tschi-Minh-Stadt. Unter Vietnamesen sind Immobilien eine beliebte Anlageklasse, da der Export von Kapital und damit Erwerb ausländischer Vermögensgegenstände für Vietnamesen verboten ist. Der Erwerb von Eigentumswohnungen und deren Vermietung an Expatriats wird von manchem als lukratives Geschäft gesehen.

Zweifellos erfordert ein solches Investment hervorragende Marktkenntnis und bringt hohes Risiko mit sich. Die Gewinnaussichten erscheinen jedoch ungleich besser als die des Immobilienerwerbs in Deutschland. Berücksichtigt man, dass Immobilien ihren Nimbus der Krisenfestigkeit in den entwickelten Volkswirtschaften verloren haben, so verschiebt sich die Chancenabwägung um weitere Punkte in Richtung der spekulativeren Märkte. Gerade für Expats oder regelmäßige Urlauber in der Region kann es sich daher lohnen, entsprechende Schritte zu unternehmen, mit denen der lokale Markt ausgelotet wird. Für Immobilienunternehmer dagegen bietet sich eine spannende Möglichkeit, den deutschen Immobilienanleger von den Fesseln deutscher Regulierungen zu befreien.

05. Juni 2010
Autor: Dirk Friedrich

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